Besinnlich, bezaubernd und mancherorts auch schaurig schön: Die Weihnachtszeit hat in Oberbayern viele Facetten. Neben lichtreichen Bräuchen und beschaulichen Märkten gibt es im Advent auch die beeindruckende und durchaus respekteinflößende Tradition der Perchtenläufe. Und dann sind da noch die Kramperl und Buttnmandl. Was es mit diesen Gestalten auf sich hat und wo man Perchten in Oberbayern über den Weg läuft, verraten wir Ihnen hier.
Tief verwurzelt: Krampus & Perchten
Die Gestalt des Krampus stammt bereits aus der vorchristlichen Zeit und ist in vielen Alpenregionen fester Bestandteil des Adventsbrauchtums. Der Name hat sich aus dem altdeutschen Wort Krampen (Kralle) und vom bayrischen Krampn (lebloses, vertrocknetes oder verblühtes) abgeleitet. In dem katholisch-heidnischen Brauch ist der Krampus als furchteinflößender Begleiter des Heiligen Nikolaus unterwegs und soll den unartigen Kindern Angst einjagen, während die braven Kinder vom Nikolaus beschenkt werden. Die Gestalt ist vergleichbar mit dem in Norddeutschland verbreiteten Knecht Ruprecht, jedoch tritt der Krampus immer zu mehreren auf und ist anders gekleidet. Man trifft die Kramperl oder auch Ganggerl sowohl in öffentlichen Auftritten, als auch bei Stubenbesuchen an. Vielerorts mischen sich die Gestalten mit dem Perchtenbrauchtum.
Apropos: Auch die Perchten gehören zu den ältesten Winterbräuchen des Alpenraums. Ihre Ursprünge verlieren sich im Dunkel der Geschichte. Traditionell ziehen sie während der Rauhnächte um die Wintersonnenwende durch die Orte. Trotz ihres oft wilden Aussehens gelten Perchten als Glücks- und Segensbringer: Sie sollen Haus und Hof schützen, das neue Jahr begrüßen und Licht in die dunkelste Zeit des Winters bringen. Bis heute ist der Brauch lebendig und fasziniert Einheimische und Gäste gleichermaßen.
Wertvolle Einzelstücke
Ein ganz besonderen Merkmal sticht bei den Perchten hervor, nämlich die oft furchteinflößenden, handgeschnitzten Holzmasken. In mühseliger Handarbeit werden aus Kiefern-, Linden- oder Zirbenholz individuelle Werke, manche mit Eber-Hauern, Schafs- oder Geißbockhörnern gefertigt. Die Masken bringen dabei ein beachtliches Gewicht auf die Waage, nämlich rund 10 kg pro Kunstwerk. Die Unikate sind langlebig und häufig perfekt individuell auf den Träger zugeschnitten. Aufgrund der Einmaligkeit einer jeden Maske sowie den vielen Arbeitsstunden und dem notwendigen, großen handwerklichen Geschick kosten die Masken oft mehrere Tausend Euro.

Man unterscheidet grundsätzlich zwischen Schiachperchten und Schönperchten: Erstere treten mit wilden Hörnern, furchteinflößenden Fratzen und zotteligem Haar auf. Sie sollen dunkle Mächte vertreiben. Die Schönperchten hingegen stehen für Licht, Fruchtbarkeit und Segen. Mit farbenfrohen Gewändern und kunstvoll geschnitzten, oft menschlichen Masken verkörpern sie Glück, Wohlstand und den hoffnungsvollen Blick ins neue Jahr.
BAD REICHENHALL: SCHIACH & SCHÖN
Apropos: Am 5. und 6. Dezember ziehen Nikolaus, Engerl und Kramperl gemeinsam durch die Innenstadt Bad Reichenhalls – sie besuchen den Christkindlmarkt am Rathausplatz und den Vereinsadvent am historischen Florianiplatz.
Mit zotteligen Fellkostümen, handgeschnitzten Holzmasken, den „Loavn“, und lautem Glockengebimmel sind die Krampusse hier furchterregende Begleiter des Nikolaus. Wer unartig war, spürt ihre Ruten – ein symbolisches Vertreiben des Bösen – während ein sanfter Klaps jungen Paaren Glück und Fruchtbarkeit bringen soll. Der Krampus erinnert an Teufelsgestalten und mystische Wesen, ähnlich den Schiachperchten, die nur in den Rauhnächten unterwegs sind.

In den Ortsteilen Nonn und Karlstein laufen vom 5. auf den 6. Januar die Schönperchten – in weißen Hosen und Hemden, mit Glocken am Lederriemen und schwarzer Haube – um Glück, Segen und ein gutes neues Jahr zu wünschen. Diese uralte Tradition reicht vermutlich bis ins 17. Jahrhundert.
Fun Fact: Es dürfen immer nur zwölf Perchten laufen, denn die Zahl 13 gilt als Unglückszahl und Symbol des Teufels!
Die Stunde der Passn
Die imposanten öffentlichen Auftritte finden zwischen November und dem Dreikönigstag statt. Machten sich die Gestalten in früheren Jahrhunderten eine Freude daraus, unerkannt vor allem andere junge Männer zu verprügeln, so geht es heute bei den wieder sehr beliebten Perchtenläufen deutlich zivilisierter, aber trotzdem noch immer rau zu. Unvorsichtige Passanten, die sich nicht rechtzeitig in Sicherheit bringen können oder wollen, werden in das ruppige Geschehen mit einbezogen und ordentlich geschüttelt – oder landen auch mal auf dem Hosenboden. Die Sicherheit aller Beteiligten steht jedoch jederzeit an vorderster Stelle. Besonders mit Kindern wird auf eine gemäßigte Umgangsweise geachtet.
Perchten in München
Während es im ländlichen Raum mehrere Passn gibt, findet man in München nur eine einzige. Dabei handelt es sich um die “Sparifankerl-Pass”. Um das alpine Brauchtum wieder in die bayerische Landeshauptstadt zu bringen, findet jedes Jahr ein großer Krampuslauf mit Gastgruppen aus Bayern, Österreich und Italien auf dem Marienplatz statt. Dabei erfreut sich der Brauch des Perchtenlaufs gerade bei jungen Leuten heute wieder großer Beliebtheit.
Lebendige Tradition und Kulturerbe
Die Perchtenläufe sind als Kulturgut absolut erhaltenswert. Denn obwohl es auf den Veranstaltungen auch mal etwas ruppiger zugeht, überwiegt die Faszination für all die kunstvoll hergerichteten Gestalten.
In Kirchseeon ist das Perchtenbrauchtum nicht nur lebendige Tradition, sondern seit 2022 auch offiziell als „Immaterielles Kulturerbe Bayern“ der UNESCO ausgezeichnet. Wer tiefer eintauchen möchte, findet im MASKEUM den wohl eindrucksvollsten Zugang zur Geschichte des Kirchseeoner Perchtenlaufs. Das Museum präsentiert die Vielfalt des Brauchs mit außergewöhnlicher Nähe: kunstvoll geschnitzte Masken aus nächster Nähe und historische Hintergründe machen die jahrhundertealte Tradition greifbar. Als kulturelles Unikat im Landkreis Ebersberg bietet das MASKEUM einen besonderen Ort der Begegnung – für Familien, Kulturinteressierte und alle, die verstehen wollen, warum dieser Brauch bis heute so besonders ist. Die Perschten-Stiftung Kirchseeon, die erste ihrer Art in Bayern, sorgt zudem dafür, dass Wissen bewahrt und an kommende Generationen weitergegeben wird.
Buttnmandl: Besonderheit in Berchtesgaden

Als Relikt aus keltischer Zeit und später durch den Heiligen Nikolaus christianisiert, hat sich im Berchtesgadener Land ein ganz eigener Winterbrauch erhalten: Am Nikolaustag ziehen wilde Gestalten in Fell, Stroh und mit schweren Glocken – die Kramperl und Buttnmandl – durch die Dörfer. Das ursprüngliche Buttnmandllaufen ist bis heute ein stiller Einkehrbrauch, der in den Familien stattfindet und nicht als Publikumsveranstaltung gedacht ist. Eine Ausnahme bildet der Buttnmandllauf der Gebirgsjäger der Bundeswehr: Seit 1962 wandert der Heilige Nikolaus mit Buttnmandln, Kramperln, Knecht Ruprecht und Engerln am 5. Dezember von der Struber Gebirgsjägerkaserne nach Berchtesgaden und begeistert zahlreiche Zuschauer.
Das laute „Buttn“ – das Scheppern der großen Glocken – sollte einst die winterliche Natur erwecken. In Stroh eingebunden oder in Felle gekleidet, mit Masken, Glocken und der sogenannten Lebensrute ausgestattet, wirken die Figuren bis heute eindrucksvoll archaisch. Der Nikolaus selbst trägt in Berchtesgaden traditionell die Gewänder eines Bischofs.
Hier finden Sie eine Auswahl an öffentlichen Terminen der Saison 2025/2026. Treffen Sie Kramperl, Buttnmandl und Perchten in Oberbayern:
| 21.11. | Traunsteiner Krampuslauf |
| 22.11. | Krampuslauf Ruhpolding |
| 22.11. – 6.1. | Perchtenlauf in Kirchseeon, mehrere Termine |
| 28.11. | Rauhnachtslauf Staudham/Wasserburg am Inn |
| 05.12. | Buttnmandllauf von der Gebirgsjäger-Kaserne von Strub zum Markt in Berchtesgaden |
| 05.12. | Einzug des Nikolaus mit Krampussen am Petersplatz/ Piding |
| 05.12. | Perchtenlauf in Kiefersfelden |
| 14.12. | Sparifankerl-Lauf am Marienplatz in München |
| 12.12. | Reit im Winkl: Krampuslauf |
| 20.12. | Traunsteiner Perchtenlauf |
| 4.1. | Rauhnachtslauf Bad Reichenhall |
| 6.1. | Waginger Rauhnachtslauf |
| 6.1. | Perchten im Bauernhofmuseum Jexhof |
Extra-Tipp: Bayerische Rauhnacht – Ein Mystical

Wer abseits der Perchtenläufe in die Mystik der Raunächte eintauchen möchte, dem sei ein Musiktheater der zauberhaften Art ans Herz gelegt: Bayerische Rauhnacht: Poetisch-rockige Musik geht hier Hand in Hand mit anrührenden und spannenden Geschichten aus der bayerischen Mythologie. Das Mystical geht von Mitte Dezember bis Anfang Januar in ganz Bayern auf Tournee.
Wir wünschen Ihnen eine schaurig-schöne Adventszeit!